Verteuerung

Neulich ein Bericht zur positiven Weiterentwicklung eines heruntergekommenen Berliner Bezirks. Ein elektronischer Großkonzern mit dem Namen S. verlegt seinem Hauptsitz von München nach Schöneberg. Es wird auf das Umfeld eingegangen: die spezielle Gegend, das horizontale Gewerbe. Der erste Kommentar zu dieser Meldung kam von macthepirat (ein unverständlicher, dummer und fehlerhafter Mischmasch aus Deutsch und Englisch): „Endergebnis: Auch diese Gegend wird für den Normalberliner unbezahlbar.“ Der zweite Kommentar kam von mir: „Meinen Sie damit die Dirnen?“ Der Kommentar wurde von der Redaktion des TSP zensiert. Das war aber doch lustig, oder? Wahrscheinlich wurde das Wort „Dirnen“ automatisch erkannt und der Beitrage daher verworfen. Vielleicht hätte ich „horizontales Gewerbe“ schreiben sollen. Mittlerweile ist mir das schon öfter passiert. Gut, dass ich ihn hier veröffentlichen kann. Aber so wichtig ist das auch nicht; schlimm aber der dumme Nutzerkommentar und die krasse Filterfunktion beim TSP! Fünf andere Antworten hierauf wurden durchgelassen. Und schlimm auch der verbreitete Hass auf die Verbesserung des Umfeldes. Etwas Gentrifizierung würde hier guttun.

Weinkritik: Corral de Castro 2007

Corral de CastroEines vorneweg: von keinem Wein habe ich soviel getrunken, wie vom Coral, und: ich bin kein Profi, sondern Liebhaber ;-) Also nun ist der für mich lang erwartete Jahrgang 2007 da, diesmal aber von Vinos extrem „gehyped“. Im Netz fand man ihn nicht, nur per E-Mail durfte man bestellen, und zwar möglichst 12 Flaschen, dann gabs Rabatt, und man bekam ihn dann annähernd zu dem Preis des letzten Jahres.. Ansonsten kostet mein (ehemaliger) Liebling jetzt knapp 10 Euro. Eine Verkostung in der Filiale war nicht möglich – man gab sich selbstsicher, dass die – natürlich streng begrenzte Menge von 4000 Flaschen – auch so verkauft wird. Aber nun zum Wein: Ich gebe zu, die Rahmenbedingungen zur Verkostung waren aus privaten Gründen suboptimal. Dennoch, der Schreck beim ersten Schluck war groß: Wo ist das animalische, der Stallgeruch, das, was meine Frau zu folgendem hingerissen hat: „Der schmeckt ja scheußlich!“? Das, was diesen Wein so einzigartig machte? Früher konnte ich diesen Wein nach dem Öffnen nicht trinken, sondern erst am nächsten Tag, so extrem war diese Mischung! Es gibt natürlich Jahrgangs-bedingte Schwankungen der Qualität. Der Wein vor einem oder zwei Jahren war zum Beispiel ungenießbar. Meine schlimmste Vermutung ist, daß man nicht versucht, die wunderbaren Ecken und Kanten, die dieser Wein hatte, auszumerzen, um einen größeren Kundenkreis anzusprechen und den Wein kompatibler zu machen. Dies hätte womöglich zur Folge, mich als Kunden zu verlieren. Ja, der Corall ist brav geworden, nicht belanglos, immer noch ein schöner Wein für diesen Preis, und der Hintergrund (hohe Lage, deutscher Winzer) ist ja auch nennenswert, aber dies ist kein Knaller mehr.

Anmerkung: Diese Kritik wurde kurz nach Erscheinen geschrieben und jetzt etwas spät veröffentlicht…

01. September 2009 // Kulturelles // Kommentar schreiben!

Toleranz

Ist kein schönes Wort. Klingt ranzig. Aber die Bedeutung schon: Man übt sie aus und duldet damit Abweichungen, die eigentlich nicht gefallen. Eine Grundbedingung für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Und alle können auf ihre Art glücklich sein.

Sie wird seit Jahren gepredigt. So massiv, dass es bei mir ein klein wenig Opposition hervorruft. Bevormundung mag ich nicht. Und ich stelle fest, dass trotzdem allgemein die Intoleranz immer größer wird.

Das Problem ist, dass Toleranz meistens im Hinblick auf etwas bestimmtes gefordert wird. Sofern man dem nicht folgt, taucht beim Fordernden auf einmal eine überraschende Intoleranz auf. Toleranz ist aber absolut. Sie kann nicht nur in eine Richtung gelten. Jemand, der Toleranz gegenüber xxx fordert, muss auch tolerieren, wenn man dem nicht folgt. Oder wenn  man intolerant ist. Ich verstehe, dass das ärgerlich ist, aber man sollte unsere Werte auch ernst nehmen.

Muss Toleranz unendlich sein? Philosophisch gesehen, ja. Im echten Leben nein. Toleranz beruht auf Gegenseitigkeit. Die Grenze ist dann erreicht,  wenn die Toleranz selbst abgeschafft werden soll.

Ich bin jedenfalls ein sehr toleranter Mensch: Jeder darf machen, was er will. Klitzekleine Einschränkung: Er soll mir nur nicht  damit auf die Nerven gehen!

05. September 2024 // Philosophisches // Kommentar schreiben!

Musik, die mir etwas bedeutet

Auf meinem Lieblings-Radiosender (das ist eine technische Einrichtung, über die man Musik hören kann, die von Personen, realen Menschen!, aus einem Studio in Echtzeit aufgelegt wird und die ohne Netz über die Luft über entsprechende Geräte empfangen und ausgegeben werden kann; demnächst konnte) Radioeins gibt es eine sonntägliche Sendung, in der mehr oder weniger prominente Menschen bis zu zehn Musikstücke vorstellen können, die ihnen in ihrem bisherigen Leben etwas besonderes bedeute(te)n. Dazu müssen sie dann auch etwas zum Hintergrund erzählen und werden von der Moderatorin noch vorsichtig ausgequetscht. Das kann sehr interessant sein. Nur ist Frau Rust ziemlich brav, verständnisvoll, uninspirert, überkorrekt und trägt daher selten dazu bei, die Sendung wirklich interessant zu machen. Aber um sie geht es auch nicht.

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15. Dezember 2021 // Musikalisches // Kommentar schreiben!

Dysfunktional

Ist die griechisch-lateinische Bezeichnung für eine Funktionsstörung. Also man macht etwas, und gibt sich vielleicht auch Mühe, aber es funktioniert einfach nicht. Es ist das, was in Arbeitszeugnissen als schlimmste Beurteilung Verwendung findet: „Er war stets bemüht“. Aber dysfunktional kann vieles betreffen; das Auto, das nicht anspringt, die Kaffeemaschine, die nur Plörre ausspuckt – oder die Stadtverwaltung, die ihre Aufgaben nicht erfüllen kann. Um letzteres geht es hier.

Nun ich muss wohl nicht groß erläutern, auf welche Stadt ich mich beziehe. Jeder weiß es in diesem Zusammenhang sofort, und ich habe bereits dazu etwas abgelästert. Dysfunktional klingt eigentlich zu freundlich, Versagen wäre hier ein passendes Synonym. Auf ganzer Linie sollte man noch ergänzen. Und die Anlässe sind so umfangreich geworden, dass ich dazu gezwungen werde, nochmal ein paar dramatische, für normale Menschen zum Entsetzen führende Vorfälle zu dokumentieren.

Als Beweis für den Titel! Für die Nachwelt. Als Warnung für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, hierhin zu ziehen (macht es bloß nicht!). Als Ventil für Menschen, die bereits hier wohnen, oder schlimmer – immer noch hier wohnen. Wie ich zum Beispiel. Es ist mir sehr peinlich. Fremdscham in Reinstform. Die Stadt ist eigentlich sehr schön, die Umgebung großartig, das hält mich hier, aber die Politik: ein immerwährendes Desaster. Es sind sogar auch halbkriminelle Machenschaften, die sich gegen unser Rechtssystem richten. Aber offensichtlich wird nie jemand zur Rechenschaft gezogen und jeder kann machen, was er will – ein Traumzustand für Politiker! Aber nicht für das Volk.  // weiterlesen! 

24. November 2022 // Det/Dit is Berlin // 2 Kommentare

Ode an die Freude

Die Hymne der Europäischen Union. Nun, die Musik ist nach wie vor großartig, aber die Freude hat wohl etwas nachgelassen. Ich verstehe nicht warum. Klar, die Vorschriften zum Krümmungsradius der Gurke waren in der Kommunikation zur Bevölkerung nicht so erfolgreich. Aber die Verhinderung des Ami-Chlorhuhns ist doch ein großer Erfolg!

Nein, die Bedeutung der EU erstreckt sich natürlich über ganz andere Dimensionen. Hier geht es darum, eine Gemeinschaft der Werte und der politischen Stärke zu etablieren. Eine Gemeinschaft, die gegen andere große Staaten oder Gemeinschaften bestehen kann. Die sich nicht mehr von anderen Staaten bestimmen lässt. Die für die Zukunft gerüstet ist. Und für alle Mitglieder entsprechende Vorteile bringt!

Ein tolles Vorhaben, und schon recht erfolgreich! Ich verstehe nicht, warum manche das nicht so sehen. Es ist ok, wenn jemand / ein Staat auf Souveränität pocht und die Vorgaben der EU blöd findet. Kein Problem – soll er austreten. Es geht aber nicht, dass ein Staat seine Eigeninteressen gegenüber den Gemeinschaftsinteressen durchsetzen will. Das ist das Gegenteil von Gemeinschaft.

Einen grundsätzlichen Fehler hat die EU bei Gründung gemacht: es kann keiner ausgeschlossen werden, der sich nicht an die Regeln hält. Ich finde es sympathisch, dass man damals so schön idealistisch an die Sache ging und niemand daran dachte, dass es mal Staaten gäbe, die alles doof finden und die Regeln unterlaufen. Eine Gemeinschaft funktioniert aber nunmal nur mit Regeln.

Der Engländer hat sich immer schon ungern an die Regeln gehalten. Hat immer Sonderrechte verlangt und tatsächlich auch ausgehandelt. Grundsätzlich ist es folgerichtig, dass er austreten möchte. Auch wenn ich das aus musikalischer Sicht bedaure. Das Problem ist, dass die denken, sie wären immer noch eine Weltmacht und könnten ohne Probleme selbständig sein. Ein schlimmer – gar historischer – Fehler!

Ich wünsche mir übrigens einen ungeregelten Brexit. Und hoffe, dass die damit auf die Schnauze fallen. Ich bin auch bereit, als Europäer dafür etwas zu bezahlen. Lieber eine Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende! Eine im Nachhinein gefundene gute, ausführliche, empathische, überzeugende, leicht polemische, interessante, schön geschriebene, zutreffende – wie nennt man das – Stellungnahme, Glosse, Polemik, Ausführung, Kommentierung, bietet Bernhard von slangtimes.com unter https://slangtimes.com/2020-12-28/dear-brits/

Also, als Deutscher habe ich kein Problem damit, wenn es keine EU mehr gibt, wir sind ein starkes und innovatives Land, und könnten wohl gut alleine überstehen, aber die anderen? Die müssten doch eigentlich alles daran setzen, in so einer tollen und gemütlichen Gemeinschaft zu verbleiben. Außerdem sollten die froh sein, dass Deutschland im Rahmen einer Gemeinschaft auch gezügelt wird und mit seinem Wohlstand zum Wohlstand anderer Staaten beiträgt. Das gäbe es weniger ohne die EU. Was ist mit den unfähigen und Querulanten Griechenland, Polen, Ungarn, Italien? Ohne EU wären die doch alle aufgeschmissen!

Leute, rauft Euch zusammen. Gemeinsam sind wir stärker – und erfolgreicher!

I ❤ EU